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Ode auf das Taroc-Spiel


Taroc, mein einziges Vergnügen,
Erlaubter Spiele Königin,
Du kanst Verdruß und Schmerz besiegen,
Dein Reiz ergötzet Herz und Sinn,
Du stärkst die Arbeit der Gedanken,
Du gibst Gesunden so wie Kranken,
Du gibst dem Manne wie dem Weib,
Den allerbesten Zeitvertreib.

Wenn mich in meinem Amt und Stande
Des Tages Last genug gedrückt,
So klag ich doch nicht über Bande,
Wenn Abends mein Taroc erquickt.
Dienstfertig such ich gerne allen
Bey Tag zu nützen, zu gefallen:
Doch kommt der Abend dann herbey,
So macht Taroc mich sorgenfrey.

Ich achte nicht den Haß der Feinde:
Wer hat noch allen recht gethan?
Behalt ich mir so viele Freunde,
Daß ich Taroc nur spielen kan;
So ist  mein Herze schon zufrieden,
Es nimmt, was mir das Glück beschieden,
Es sey wohl oder weh gethan,
Mit ganz gelassnen Willen an.

Wie wird mir Herz und Aug beweget!
Wenn ich, o freudiges Geschick!
So bald ich nur den Scar geleget,
Den Mongue in meiner Hand erblick!
Setzt der Pagat sich an die Seite,
So mehrt sich Eifer, Lust und Freude,
Und kommt der lustge Scüs dazu,
So sitz ich in vergnügter Ruh.

 

  Dies aber setz ich mir zur Lehre:
   Gewinnsucht kennt mein Herze nicht.
   Mich reizet und ergötzt die Ehre
   Wenn mein Pagat den letzten sticht.
   Die Lustgier immer einzustreichen
   Ist bey dem Spiel ein wahres Zeichen,
   Daß der, so von Gewinnsucht brennt,
   Die ächte Tugend noch nicht kennt.

   Ich gönne Jedem sein Vergnügen,
   Das nach der Arbeit er sich wählt:
   Taroc muß alles überwiegen,
   Was man zur Lust und Freude zählt.
   Hierinnen find ich neue Kräffte
   Zu meinem morgenden Geschäfte,
   in andrer leg sich als ein Block
  Ins weiche Bett: ich spiel Tarock.

  ( Anonym, 1756 )

                 Habsburg Mond

Zitiert in der originalen Schreibweise. :)

Hans-Joachim  Alscher, „Tarock“ mein einziges Vergnügen…, Geschichte eines europäischen Kartenspiels, Verlag Christian Brandstätter

Tarock mit Szenen aus dem Habsburg-Tarock 2. Fassung, Ferd. Piatnik, Wien, um 1917